Zur Einstimmung

"In Seinem Haus thront der Herr, uns erwartend, auf daß wir eintreten und Ihn um Erbarmen bitten. Denn kein gewöhnliches Haus ist dies, sondern der Himmel auf Erden, weil der Herr des Himmels hier wohnt. Willst Du Ihn erforschen, entzieht Er sich dir; doch wenn du glaubst, findest du Ihn im Tempel. Auf daß man Ihn auf Erden finden könnte, baute Er sich ein Haus unter den Sterblichen und errichtete einen Altar, damit die Kirche von diesem Tisch ihr Leben empfange. Der Altar von Stein trägt unsere Hoffnung, der reine Priester ruft den Geist herab, das versammelte Volk stimmt ein in das 'Heilig' der Engel, der König hört es und läßt Erbarmen verströmen."

(Aus der Predigt eines syrischen Bischofs anläßlich der Einweihung einer Kirche in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts)

Kirchenführung

Die Theatinerkirche wurde auf Grund eines Gelübdes und zum Dank für den ersehnten Thronfolger Max Emanuel (1662-1726) von dessen Eltern, Kurfürst Ferdinand Maria (1636-1679) und dessen Gemahlin Henriette Adelaide (1636-1676), in den Jahren 1663-1688 (die Türme 1676-1690, die Fassade 1765-1768) erbaut.

Der Name leitet sich von den Theatinerpatres (eigentlich Regularklerikern, Abk. C. R.) her, die von 1675 bis 1801 diese Kirche betreuten.

Maßgeblich beteiligt waren:

  • A. Barelli, A. Spinelli, E. Zuccalli (Bauleitung);
  • C. B. Moretti, G. Brenni, G. N. Perti (Stuckarbeiten);
  • W. Leuthner (Stuckfiguren);
  • F. Cuvilliés der Ältere und der Jüngere (Fassade);
  • R. A. Boos, I. Günther (Figuren und Dekor an der Fassade).
Folgende Maße der Kirche werden angegeben:

Hauptschiff:

  • Länge 72,50 m
  • Breite 15,50 m
  • Höhe 28,55 m
Kuppel
  • Durchmesser 17,70 m
  • Höhe 70,20 m
Türme
  • Höhe 64,60 m
Sitzplätze 400

Georgsaltar (1)

Im südlichen Vorjoch befindet sich der Georgsaltar (1) mit einem Gemälde von J. Weiß (1750). Bis auf Weiteres ist das Altarbild wegen anstehender Restaurierungsmaßnahmen entfernt.

Seitenkapelle (2)

Die anschließende Seitenkapelle (2) wurde nach dem Zweiten Weltkrieg neu gestaltet. Das Altarbild von A. Triva (1665) zeigt die sel. Margarita von Savoyen (1390-1464), eine Dominikanerin aus dem Geschlecht der Kurfürstin, wie ihr Christus die drei Pfeile der Verleumdung, Verfolgung und Krankheit reicht. Darunter die Verkündigung der Geburt Jesu an Maria, zwei Statuen unbekannter Herkunft. Links der hl. Karl Borromäus (1538-84), der als Bischof von Mailand vorbildlich die Reformbeschlüsse des Trienter Konzils verwirklichte, rechts der hl. Dominikus (1170-1221), der Gründer des Dominikanerordens (eigentlich Ordo Praedicatorum: Orden der Predigerbrüder, Abk. O.P.). Seit 1954 wird die Seelsorge an dieser Kirche durch Mitglieder seines Ordens ausgeübt. Seit mehreren Jahresn steht hier auch eine Nachbildung der Muttergottes von Loreto. Loreto ist ein bedeutender Marienwallfahrtsort in Mittelitalien mit einem der ältesten marianischen Gnadenbilder, bekannt durch das Heilige Haus von Loreto sowie der Lauretanischen Litanei (im Gotteslob unter Nr. 769 zu finden).

Seitenaltar (3)

Das Altarbild des mittleren Seitenaltars (3) wurde von einem Schüler Tintorettos (1518-94) angefertigt und im Frühjahr 1670 im Auftrag der Kurfürstin Henriette Adelaide einem verarmten Edelmann in Venedig abgekauft. Es zeigt die Abnahme Jesu vom Kreuz durch Nikodemus und Josef von Arimathäa, zu Füßen des Kreuzes Maria sowie Maria Magdalena und andere Frauen, rechts den Lieblingsjünger Johannes. Die Bedeutung der drei Bischöfe ist bis jetzt unbekannt.

Seitenalter (4)

Der vordere Seitenalter (4) ist dem hl. Andreas Avellinus (1521-1608) geweiht, einem italienischen Theatiner. Das Bild "Tod des hl. Andreas Avellinus an den Stufen des Altars" schuf J. C. Loth (1677). Darunter "Jesus mit dem Gralskelch", dem Münchener Maler G. Fugel (1863-1939) zugeschrieben.

Judas Thaddäus

Am heute gesperrten Seitenausgang im südlichen Schlußjoch wird der hl. Apostel Judas Thaddäus verehrt, der als Helfer in schwierigen, ja aussichtslos erscheinenden Situationen gerufen wird.

Kajetansaltar (5)

Und nun der Kajetansaltar im südlichen Querschiff (5) mit dem gewaltigen Altarbild "Fürbitte des hl. Kajetan während der Pest in Neapel" von J. Sandrart (1667-71). Darunter ein Vorsatzbild des hl. Florian (+ 304). Auf dem Altar Stuckfiguren (von links) der hl. Cäcilia (+ 230), des hl. Antonius von Padua (1195-1231) und der hl. Katharina von Alexandrien (+ 306). Über den Durchgängen Stuckfiguren der Kirchenväter von W. Leuthner (1674-75), links des hl. Augustinus (354-430), rechts des hl. Papstes Gregor d. Großen (540-604). Der hl. Kajetan (Gaetano da Thiene) lebte von 1480 bis 1547. Zusammen mit drei Gefährten gründete er 1524 in Rom den Theatinerorden. Er ist der Patron dieser Kirche und seit 1672 Landespatron von Bayern. Rechts Zugang zur Sakristei und zum Tagesbeichtstuhl.

Kanzel(6)

In der Vierung (6) sehen Sie zur Rechten die gewaltige, auf das Fürstenoratorium im Chorraum ausgerichtete Kanzel aus dunkelgebeiztem Eichenholz, 1685-89 von A. Feistenberger geschaffen. Am Kanzelkorb Darstellungen von Christus und seiner Mutter Maria (vorne) sowie des hl. Kajetan und des hl. Andreas Avellinus (seitlich).

Kuppel

Die Kuppel erinnert an die Peterskirche in Rom und zugleich an das Himmelsgewölbe, weshalb das Deckenfresko in der Laterne Gottvater als Schöpfer zeigt. J. I. Schilling hat es 1764 (unter Verwendung der Vorarbeit von J. Amigoni) geschaffen. Darunter Allegorien der acht Seligkeiten von W. Leuthner (1674-75).

Hochaltar und Chorraum (7)

Presbyterim und Chor (7) bieten gegenwärtig noch ein Provisorium hinsichtlich Ambo und Volksaltar. Dahinter sieht man die notdürftig teilrekonstruierten Chorschranken: Von den ursprünglich vier Holzstatuen der Evangelisten (von Balthasar Ableithner, 1670-1672) zuseiten der beiden Chorzugänge blieben im Krieg (von links) die hll. Markus und Johannes ganz erhalten, der hl. Lukas nur in Bruchstücken, während der hl. Matthäus vollständig zerstört wurde. Der Tabernakel stammt von einem der Seitenaltäre.

Orgel, Chor, Tabernakel

Die Orgel aus der Werkstätte der Firma Eisenbarth in Passau wurde 1961 eingeweiht. Sie hat 50 klingende Register und kann zusammen mit der Seitenorgel (Orgelbau Carl Schuster, München, 1950, 18 Register) von einem Generalspieltisch mit fünf Manualen gespielt werden.

Der Chor ("Vokalkapelle") pflegt die Kirchenmusik a capella des 16. und 17. Jahrhunderts und setzt damit die Tradition der Königlichen Hofkapelle fort.

Der Tabernakel im Hochaltar ist das Herz jeder katholischen Kirche, das "Zelt Gottes unter den Menschen" (Offb 21,3), da in ihm die heilige Eucharistie aufbewahrt wird.

Marienaltar (8)

Der Marienaltar im nördlichen Querschiff (8) mit dem Altarbild der "Hl. Sippe" von C. Cignani (1676) bringt die Idee der Kirche am deutlichsten zur Anschauung. "Hier werden aus der hl. Sippe jene begnadeten Familien präsentiert, denen - gleich dem Stifterpaar der Kirche - wider alles menschlichen Ermessen durch das wunderbare Eingreifen Gottes Nachkommen geschenkt wurden" (Altmann). Wir sehen in der Mitte Maria mit dem Jesusknaben (nach Mt 1,23 Immanuel; vgl. damit den Namen des Erbprinzen Max Emanuel); links ihre Eltern Joachim und Anna, zwischen beiden ihren Bräutigam, den hl. Josef; rechts den hl. Johannes den Täufer (als Kind) mit seinen Eltern Elisabet und Zacharias; unten den König David. Das Vorstellbild mit der Verkündigungsszene stammt von G. Desmarées (nach 1730). Auf dem Altar Stuckfiguren (von links) der hl. Christina (+ 304) und des hl. Maximilian (+ 284) sowie der hl. Margareta (+ nach 300). Über den Durchgängen Stuckfiguren der Kirchenväter von W. Leuthner (1674-75), links des hl. Ambrosius (339-97), rechts des hl. Hieronymus (347-419/20).

Fürstengruft des Hauses Wittelsbach

Linker Hand ist von hier aus in den Monaten Mai bis Oktober der Zugang zur Fürstengruft des Hauses Wittelsbach möglich, welche 1679-85 errichtet und in der Folgezeit mehrmals neu gestaltet wurde. Bestattet sind hier u.a.:

  • die Stifter der Kirche, Kurfürst Ferdinand Maria (+ 1679) und seine Gemahlin Henriette Adelaide (+ 1676)
  • Max Emanuel, der ersehnte Thronfolger; zum Dank für seine Geburt wurde die Kirche erbaut (+ 1726),
  • dessen Sohn Kaiser Karl VII. Albrecht (+ 1745),
  • Kurfürst Max III. Joseph, der die Fassade vollenden ließ (+ 1777),
  • Max I. Joseph, der 1. König von Bayern (+ 1825), und dessen Gemahlin Karoline, die, selbst evangelisch, die evangelisch-lutherische Landeskirche in Bayern begründete (+ 1841),
  • Otto, König von Griechenland (+ 1867), mit Gemahlin Amalie (+ 1875) sowie
  • Prinzregent Luitpold (+ 1912) und
  • Kronprinz Rupprecht (+ 1955).
König Ludwig I. (1786-1868), der die Kirche 1826 zur Königlichen Hofkirche und 1838 zur Kollegiatstiftskirche erhob, ist in St. Bonifaz an der Karlstraße bestattet.

Seitenkapelle (9)

Rechter Hand gelangen Sie durch das nördliche Schlußjoch, wo zwei Schaukästen mit Bildern von der Kirche vor und in der Zerstörung des Zweiten Weltkriegs stehen, in das nördliche Seitenschiff. Die erste Kapelle (9) wurde 1864 zur Grabkapelle für König Max II. Joseph (+1864) und seine damals noch evangelische Gemahlin Marie Friederike (+ 1889) erweitert.

Seitenkapelle (10)

Die mittlere Seitenkapelle (10) ist den hl. Schutzengeln geweiht. Das Altarbild "Schutzengel der Menschheit" malte A. Zanchi (1677). Das Vorstellbild zeigt den hl. Josef mit dem Jesuskind.

Cäcilienkapelle (11)

Daneben die ehemalige Cäcilienkapelle (11) mit dem Gemälde der vier hl. Jungfrauen von P. Liberi (+ 1677) und A. Triva (+ 1699). Dargestellt sind (von links) die hl. Margareta (+ nach 300), die hl. Luzia (+ 304), die hl. Agatha (+ 250) und die hl. Apollonia (+ 249). Davor ein Herz-Jesu-Bild aus dem 20. Jahrhundert.

Hauptportal (12)

Die Inschrift über dem Hauptportal lautet in deutscher Übersetzung (nach Kaiser):
"Dem hl. Kajetan von Thiene, dem Gründer der regulierten Kleriker und heißgeliebten Fürsprecher, haben aufgrund eines Gelübdes Kurfürst Ferdinand Maria und Kurfürstin Henriette Maria Adelaide im Jahre des Heils 1675 diesen Tempel als Denkmal ihrer immerwährenden Dankbarkeit errichtet, da ihnen mit Max Emanuel der Erbprinz geschenkt wurde."

Jahreskrippe (13)

Beim nördlichen Seitenausgang (13) ist die durchaus sehenswerte Jahreskrippe aufgebaut.

Fassade der Kirche (14)

Die großartige Fassade der Kirche (14) mit der Kuppel und den beiden Türmen erinnert durch die Heiligenfiguren von R. A. Boos (1768), oben (von links) die hl. Kaiserin Adelheid (931-999) und den hl. König Ferdinand (1199-1252), unten (von links) den hl. Ordensgründer Kajetan (1480-1547) und den hl. Bischof Maximilian (+ 284), noch einmal an die Geschichte der Kirche bzw. den Anlaß ihrer Erbauung erinnert. Beachten Sie bitte auch über den Seitenportälen die Reliefs der Apostelfürsten, des hl. Petrus (links) und des hl. Paulus (rechts), der bedeutendsten Vertreter der römischen Kirche.

Die Inschrift über dem Hauptportal lautet in deutscher Übersetzung (nach Kaiser): "Diesen Tempel, von den Vorfahren einst infolge eines Gelübdes von Grund auf errichtet und lediglich bis zur äußeren Fassade aufgeführt, hat Maximilian Joseph, Herzog von Bayern und Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches, mit einem sehr prächtigen Vorbau, so wie er sich hier zeigt, mit gleicher Hingabe und Hoffnung geschmückt und im Jahre des Heils 1767 vollendet."